Freizeitcenter Aegidienberg: Pächter haben weder Strom noch Wasser

ROTTBITZE. Auch nach dem Eigentümerwechsel durch die Zwangsversteigerung kehrt im Freizeitcenter Aegidienberg keine Ruhe ein.

Mittlerweile beschäftigt sich die Bonner Staatsanwaltschaft mit dem Areal, für das ein britisches Unternehmen Ende Februar vor dem Amtsgericht Königswinter den Zuschlag erhalten hatte. Das bestätigte Oberstaatsanwältin Karen Essig auf Anfrage des General-Anzeigers. Es liege eine Strafanzeige gegen den neuen Eigentümer vor.

Wie berichtet, bangen die Bewohner des Areals am Rederscheider Weg seit geraumer Zeit um ihr Zuhause, viele gar um ihre Existenz. Die Ferienhäuser hatten sie einst gekauft und ihr Erspartes investiert, manch einer 20 000 Euro und mehr. Die Grundstücks-Parzellen waren aber stets nur gepachtet.
 
Dann wurde das Areal zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben. Zu den Gläubigern gehörten laut Amtsgericht auch Pächter. Dem GA sagten Betroffene, sie hätten Sicherheitsleistungen für die Häuser hinterlegt, die bei Pachtende abgebrochen werden müssten. Zudem seien sie in Vorleistung für Energie und anderes getreten, sagten Pächter, die namentlich nicht genannt werden wollen.

Die Alpha Ferienhaus Limited, eine nicht börsennotierte Kapitalgesellschaft (vergleichbar mit der deutschen GmbH), ersteigerte das Areal für 620 000 Euro. Inzwischen hat der neue Eigner an drei Firmen unterverpachtet, bestätigte dessen deutscher Geschäftsführer Josef Karl Cisch dem GA, und zwar je 50 Parzellen für eine Laufzeit von 29 Jahren. Was bei einigen der noch etwa 30 Pächter – früher waren es 120 – die Hoffnung auf einen Neuanfang und eine Zukunft in ihren Häusern keimen ließ, beschäftigt nun auch Juristen und die Stadt Bad Honnef.

Der Stein kam ins Rollen, nachdem, entgegen üblicher Praxis, zur Zwangsversteigerung keine Sicherheitsleistung beantragt worden war, so Martin Rößler, Vize-Direktor des Amtsgerichtes Königswinter. Das Gericht setzte als Sicherungsverwalter Rechtsanwalt Markus Lehmkühler ein. Laut Rößler wurde beim Verteilungstermin die Ersteigerungssumme nicht gezahlt.

Die Sicherungsverwaltung besteht zurzeit fort, „wie lange noch, das kann ich nicht sagen“, so Lehmkühler. An der Eigentumsfrage ändert dies laut Rößler nichts. Zwar ist laut Bürgermeisterin Wally Feiden noch kein Eintrag ins Grundbuch erfolgt. Aber, so Rößler: Zuschlag ist Zuschlag.

Der neue Eigner machte von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch. Das bestätigte Cisch dem GA, ergänzte aber: Die Kündigung sei laufenden Prüfungen zu Pacht- und Vertragsfragen geschuldet, könne aber „jederzeit zurückgenommen“ oder durch neue Verträge ersetzt werden, was auch geplant sei. „Und die Mehrheit der Pächter zieht da mit“, behauptet er.

Zudem sei bereits in Reparaturen investiert worden, um die Situation auf dem Platz zu verbessern. In dieser Woche ließ Alpha Ltd. Strom- und Wasserzähler des privaten Grundstücksnetzes teils abbauen. Die betroffenen Pächter, die wegen der verworrenen Rechtssituation ihre Pacht bei Gericht hinterlegt haben, wehrten sich mit einer einstweiligen Verfügung.

Doch auch am Freitag hatten sie weder Strom noch Wasser. Andere Pächter beklagen nach teils schwerwiegenden, finanziellen Problemen mit dem Vorbesitzer, dem neuen Eigner würden Steine in den Weg gelegt, und dass dieser „wohl darum die Zahlung der Zuschlagssumme herausschiebt“.
Sollte nicht gezahlt werden, könnten Gläubiger Antrag auf Wiederversteigerung stellen, so Rößler. Da aber unterverpachtet sei, bleibe die Rechtslage auch dann schwierig: „Das ist eine unschöne Situation.“ Aus Sicht mancher Pächter ist das eine glatte Untertreibung. „Wir möchten nur in Ruhe hier weiterleben“, sagt eine Betroffene, die auch von Angst spricht, von unerklärlichen Vandalismus-Vorfällen. Wie Pächter berichten, wurde zudem eine Kamera am Eingang zum Gelände installiert.

„Die Menschen sind in einer Notsituation. Das ist schlimm, es toppt alles,“ sagt Wally Feiden. Die Einflussmöglichkeiten der Stadt seien aber gering, solange sie weder bau- noch ordnungsrechtlich gefragt sei.  Anwalt Lehmkühler: „Für Außenstehende ist nicht erklärbar, was da warum passiert. Es fällt schwer zu glauben, dass alles Zufall ist.“ Letztlich müsse das wohl „ein Gericht klären“. Staatsanwältin Essig bestätigte, dass die Strafanzeige „im Zusammenhang mit dem Zuschlag steht“; man sei in der Prüfung. Die Alpha Ltd. war am Freitag für eine Stellungnahme zu den jüngsten Entwicklungen nicht erreichbar.

Die Stadt Bad Honnef prüft rechtliche Schritte

Die Bad Honnef AG teilte auf Anfrage mit, dass sie auf das Versorgungsnetz im Freizeitcenter keinen Zugriff hat; sie könne nur bis zur Abnahmestelle an der Grundstücksgrenze liefern. Ausnahme ist das Gasnetz. Das Unternehmen will nach eigenen Angaben die Anlieger auch mit Strom und Wasser versorgen. „Es gibt überhaupt keinen Grund, dies nicht zu tun“, hieß es. Problem: Das Versorgungsnetz auf dem Areal ist nicht öffentlich, es gehört dem Grundstückeigentümer. Selbst in dem Fall, dass die Pächter entgegen früherer Praxis eigene Verträge abschließen wollten, müssten erst Durchleitungsrechte geklärt werden.

Bürgermeisterin Wally Feiden teilte zu der Angelegenheit gestern mit, sie sei „in täglichem Kontakt mit den Betroffenen“ und im Gespräch mit der Bad Honnef AG, dem Gericht, dem Landrat und der Polizei.
„Am Montag werde ich mit meinem Verwaltungsvorstand entscheiden, ob wir eine Anwaltskanzlei mit der Wahrnehmung der städtischen Interessen, wozu auch das ungefährdete Leben der Menschen auf dem Platz zählt, beauftragen. Ich bin nicht bereit, die bisherige Ohnmacht aller beteiligten Behörden zu verlängern und suche daher nach Wegen, wie dem grausamen Spiel ein Ende gemacht werden kann.“

Artikel vom 17.05.2014

Link zum Artikel im Bonner Generalanzeiger

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